Die von Dr. Dietrich Munz als geladener Experte und von Dr. Rüdiger Nübling als Moderator geleitete Diskussion zum Thema Depression soll hier kurz skizziert werden. Mit am Tisch: Funktionsträger des Sozialministeriums, der Krankenkassen, der Heilberufekammern sowie auch Institutionen, wie der Robert-Bosch-Stiftung.
Wie Dr. Munz ausführte, liege die 12-Monats-Prävalenz von Depression liege bei ca. 10%, womit sie als Volkskrankheit eingestuft werden könne. Von der WHO werde sie als drittbedeutendste Erkrankung betrachtet. Frauen seien deutlich häufiger (13%) betroffen als Männer (6%). Depressionen hätten nicht zugenommen, so Dr. Munz, außer bei jungen Menschen zwischen 19 und 25 Jahren. Die oft festgestellte Zunahme sei Folge besserer Diagnostik, v.a. Hausärzte würden Depressionen häufiger erkennen und feststellen. Auch habe die (weiter bestehende) Stigmatisierung psychischer Erkrankungen in den vergangenen 2-3 Jahrzehnten deutlich abgenommen, was dazu führe, dass mehr Betroffene von sich aus professionelle Hilfe aufsuchen. Die Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Depression sei erheblich, bei zunehmendem Alter gebe es auch eine erhöhte Suizidrate.
Zur Frage nach Behandlungsangeboten führte Dr. Munz aus, dass maximal 10% der Menschen mit psychischen Erkrankungen in psychotherapeutischer Behandlung seien, obwohl nach Leitlinie vor allem bei leichten und mittelschweren Depressionen Psychotherapie die Behandlung der ersten Wahl sei, bei schweren Depressionen meist in Kombination mit Psychopharmaka. Insgesamt 30-40% der Patienten mit Depressionen würden von Hausärzten und dann überwiegend psychopharmakologisch behandelt. Dies sei auch dadurch bedingt, dass es zu wenig psychotherapeutische Behandlungsplätze gebe. Durch die neue Regelung der Sprechstunden bzw. Terminservicestellen hätte sich zwar die Wartezeit auf einen ersten Termin verkürzt, es gebe dadurch aber nicht mehr Plätze. V.a. in ländlichen Regionen liege die Wartezeit auf einen Therapieplatz weiterhin bei 3-6 Monaten.
Auch Arbeitsumgebung und Unternehmensführung spielten, so Dr. Munz, für die psychische Gesundheit von Arbeitnehmer*innen eine bedeutende Rolle. Extrembeispiel: die vor einigen Jahren hohe Suizidrate bei der France Telecom, deren früheres Management inzwischen angeklagt sei, weil seine Führungsstrategie zu Mobbing und zu Depressionen bei Mitarbeitern geführt habe. Die AU-Zeiten bei Depression sind deutlich höher als bei den meisten anderen Erkrankungen, was sie auch volkswirtschaftlich bedeutsam mach. Sie führt zu hohen finanziellen Belastungen für Kassen, Arbeitgeber sowie die Volkswirtschaft insgesamt. Thematisiert wurden in diesem Zusammenhang auch die wissenschaftlich gut belegte Wirksamkeit sowie das deutlich positive Kosten-Nutzen-Verhältnis von Psychotherapie, die eine Stärkung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten lohnenswert macht.